Die Kirchen des Thierseetals: Pfarrkirche St. Margaretha
Die der hl. Margaretha von Antiochien, ihr Fest wird am 20. Juli gefeiert, geweihte Kirche mag schon im 13. Jahrhundert erbaut worden sein, hat aber im Lauf ihres Bestehens grundlegende Veränderungen erfahren, zuletzt durch die Erweiterung 1967.
Dabei blieb vom alten Gotteshaus nur der Turm und die halbrunde Apsis erhalten, das Langhaus wurde durch einen geräumigen Neubau ersetzt.
Zur Baugeschichte
Ein unter der Orgelempore eingemauerter Stein in der Pfarrkirche weist die Jahreszahlen 1250, 1697 und 1967 auf. Demnach wäre im Jahr 1250 das erste Gotteshaus erbaut worden, eindeutige Quellen dafür fehlen aber. Der heutige Standort weit oberhalb des Thiersees geht legendär auf eine Sage zurück, wonach sich am ursprünglich geplanten Bauplatz in Seenähe einer der Zimmerleute verletzt und eine Taube blutgetränkte Späne zum heutigen Bauplatz gebracht habe, worin man einen Fingerzeig Gottes erkennen wollte. Die wohl baufällige Kirche wurde im Jahr 1697 grundlegend renoviert und vom Freisinger Fürstbischof Johann Franz von Eckher geweiht. Die Ausstattung und Ausmalung wurde um 1860 komplett erneuert, bis auf einige barocke Statuen des ehemaligen Hochaltares, die größtenteils heute noch erhalten sind. Im Zuge der zunehmenden Bevölkerung in den 1960er Jahren dachte man an eine Kirchenerweiterung, die dann 1967 nach Plänen des Salzburger Architekten FRANZ WINDHAGER umgesetzt wurde. Vom alten Gotteshaus ließ er nur den Turm sowie die halbrunde Apsis – als auch in der Fernsicht charakteristische Bestandteile – stehen und ersetzte das Langhaus durch einen geräumigen Neubau, der etwas länger als das alte Schiff ist und mehr als doppelt so breit; auch die Ausstattung wurde in der Folge erneuert. Die jüngsten Renovierungen außen und innen wurden im Jahr 2013 durchgeführt.
Rundgang durch die Pfarrkirche
Am nördlichen Rand des 1985/87 erneuerten und 1995 abermals erweiterten Friedhofs steht die in teils traditioneller, teils in moderner Bauweise errichtete Kirche von Vorderthiersee. Man betritt das Hauptschiff von Süden her oder durch das in Kupfer gearbeitete, reliefierte Nordportal (JOSEF ZENZMAIER, 1968). Das zentrale Motiv des Lebensbaumes enthält die zuoberst angeordneten vier Evangelistensymbole: Stier (Lukas) und Adler (Johannes) sowie Löwe (Markus) und Engel (Matthäus). Im unteren Bereich zeigt der linke Türflügel die hl. Maria Magdalena, die Jesus vor dem letzten Abendmahl die Füße wäscht, darunter den sein Leid beklagenden Hiob; rechts gegenüber erkennt man Abraham, der seinen Gästen das Mahl bereitet und darunter das Gleichnis vom barmherzigen Samariter. Es handelt sich um typologisch zu deutende Szenen aus dem Alten und Neuen Testament. Den im Zeichen des Reformkatholizismus nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil errichteten einschiffigen Saalbau des Hauptschiffes prägen die vier durchschreitbaren Seitenpfeiler, die horizontalen Fensterbänder, die seitlich getäfelte Betondecke sowie die westlich vorkragende Orgelempore.
Altarraum
In den Jahren nach dem Kirchenumbau wurde auch die Einrichtung in der Chorapsis erneuert. So schuf der Salzburger Künstler ALBERT BIRKLE 1968 die beiden seitlichen Glasgemälde mit den die Mahlgemeinschaft betonenden Motiven „Letztes Abendmahl“ und „Auferstehung Christi“, während der Kuchler Bildhauer JOSEF ZENZMAIER – mit Ausnahme des gotischen Taufsteines – die übrige Altarraumeinrichtung in Marmor bzw. Bronze gestaltete. Zwischen den Apsisfenstern trägt eine Stele den mit dem Lebensbaum verzierten Tabernakel. Die ungewöhnliche Darstellung des gekreuzigten Christus an einem stilisierten Astkreuz scheint durch den Gestus der erhobenen Arme gleichzeitig schon auf dessen Auferstehung hinzuweisen; darunter zeigen die Sockelkanten die Symbole der vier Evangelisten. Die seitlich angeordneten Leuchter stellen figürliche Szenen aus dem Alten und Neuen Testament dar (Thomas vor dem Auferstandenen, Hochzeit zu Kana, Melchisedek opfert Brot und Wein, Abraham opfert seinen Sohn Isaak). Der 1984 entstandene große Osterleuchter weist in filigran gestalteten Szenen hin auf die Erschaffung des Menschen, den Sündenfall und die Erlösung durch den Kreuzestod Christi. Ebenfalls von Zenzmaier stammen der Ambo (1983) mit dem blühenden Aaronstab sowie der Taufstein-deckel mit Szenen aus dem Leben der Kirchenpatronin, der hl. Margaretha.
Weihnachtsaltar
In der Weihnachtszeit ist über dem Tabernakel ein symbolträchtiges Bild angebracht, das ursprünglich den 1860 aufgestellten Marienaltar zierte und das heute die restliche Zeit über in der Sakristei aufbewahrt wird. Dieses ehemalige Altarbild zeigt Maria mit dem Jesusknaben, der durch einen Kreuzstab mit dem darunter stehenden Johannesknaben im Fellkleid, dem späteren Täufer Christi, symbolisch verbunden ist. Hinter Johannes kniet dessen Mutter Elisabeth, hinter dem altarartigen Tisch steht der hl. Joseph. Während Johannes das Schriftband mit dem Verweis auf das darunter dargestellte Lamm Gottes trägt, ist am oberen Bildrand in Wolken Gottvater zu erkennen, darunter schwebt der Hl. Geist in Gestalt der Taube in einer Lichtgloriole herab. Die Szene kann als Ankündigung des Leidens und des Opfertodes Christi sowie seines Sieges über den Tod und seines Erlösungswerks verstanden werden.
Seitenaltäre
Über den als schlichte Wandtische gestalteten Seitenaltären sind Statuen heiliger Frauen angebracht. Links ist es Maria Immaculata, mit der Lilie auf dem Erdball stehend, der Schlange des Bösen den Kopf zertretend; die Statue stammt aus Salzburg und erhielt 1983 ihren Strahlenkranz. Die rechte Statue, 1983 vom Bildhauer ERICH GHEZZI geschaffen, zeigt die Kirchenpatronin St. Margaretha. Sie hält in Anlehnung an die Legende über sie den Kreuzstab, mit dem sie den Drachen bezwingt.
St. Margaretha – Kirchenpatronin von Vorderthiersee
Die hl. Margaretha von Antiochien († um 305) lebte zur Zeit der Diokletianischen Verfolgungen und wurde wegen ihres Festhaltens am Glauben als frühchristliche Märtyrerin enthauptet. Der Legende nach soll ihr der Teufel in Gestalt eines Drachen erschienen sein, den Margaretha mit dem Kreuzzeichen zähmte. Die hl. Margaretha wurde als Nothelferin besonders im Bauernstand verehrt.
Konsolfiguren
An den Seitenwänden sind ehemalige, teilweise noch barocke Altarfiguren der Vorgängerkirche aufgestellt. Es sind, beginnend beim nördlichen Seitenportal: Die Heiligen Florian (Wasserkübel und Fahne), Jakobus der Jüngere (Buch und Stab), Johannes der Evangelist (Kelch mit Schlange), Andreas (X-Kreuz) bzw. gegenüber weiter im Rundgang die heiligen Petrus (umgedrehtes Kreuz, Schlüssel) und Joseph (Jesuskind, Winkelmaß) sowie beim südlichen Seitenportal der hl. Georg (Drache und Lanze). Die heute links davon angeordnete Statue des früheren Papstes Johannes Paul II. (1978–2005) wurde von der Pfarre in dessen polnischer Heimat angekauft und anlässlich des ersten Gedenktages des Heiligen am 22. Oktober 2014 in der Kirche aufgestellt. Johannes Paul II. wurde am 27. April 2014 von Papst Franziskus heilig gesprochen und als Patron der Familien erwählt. Auf der Westempore steht die 1972 gebaute Thierseer-Passionsspiel-Gedächtnisorgel (Orgelbaufirma Dreher und Reinisch, Salzburg). Zur weiteren Ausstattung zählen noch die Relieffiguren der ehemaligen Kanzel (von JOHANN STUMPF, Kufstein, 1860): in der Mitte der segnende Christus, umgeben von den vier Evangelisten Lukas, Markus, Matthäus und Johannes; das Heilig-Geist-Fenster an der Westwand schuf ALBERT BIRKLE. Die Kreuzwegstationen im Stil der Nazarener stammen noch aus der alten Kirche. Die Bronze-Luster fertigte 1999 die Firma Bergmeister aus dem oberbayerischen Ebersberg.
Papst Johannes Paul II.
„Zum Abschluss ... möchte ich den Schutz der heiligen Familie von Nazaret erbitten. ... Möge der heilige Josef, der Gerechte, der unermüdliche Arbeiter, der getreue Hüter des ihm anvertrauten doppelten Schatzes, Sie stets behüten, schützen und erleuchten! Möge die Jungfrau Maria, wie sie Mutter der Kirche ist, so auch die Mutter der ‚Hauskirche’ sein! Möge dank ihrer mütterlichen Hilfe jede christliche Familie wahrhaft eine ‚Kirche im kleinen’ werden, in der sich das Geheimnis der Kirche widerspiegelt und gelebt wird! Sie, die Magd des Herrn, sei das Beispiel für eine demütige und hochherzige Annahme von Gottes Willen; sie, die Schmerzhafte Mutter zu Füßen des Kreuzes, lindere die Schmerzen aller, die an Schwierigkeiten ihrer Familien leiden, und trockne ihre Tränen. Und Christus, der Herr, der König des Alls, der König der Familien, sei wie in Kana in jedem christlichen Heim zugegen als Quelle von Licht, Freude, froher Zuversicht und Kraft. Am Fest des Königtums bitte ich ihn, dass jede Familie hochgemut das Ihre beitrage zur Ankunft des Reiches in dieser Welt, ‚Reich der Wahrheit und des Lebens, der Heiligkeit und der Gnade, der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens.’ Dieses Reich ist das Ziel der Geschichte. Ihm, Maria und Josef überantworte ich jede Familie. ... mögen sie eure Herzen öffnen für das Licht, das vom Evangelium her in jede Familie leuchtet.“ Familiaris Consortio, 22. November 1981, Papst Johannes Paul II. Hl. Johannes Paul II. bitte für unsere Familien!