Die Kirchen von Thaur: Die Schlosskirche zu den hll. Aposteln Petrus und Paulus und zum hl. Romedius
Die Kirche zu den heiligen Aposteln Petrus und Paulus und zum hl. Romedius liegt auf einem idyllischen Flecken über dem Dorf in der Nähe der Burgruine.
Diese Kirche und auch der Schutzpatron Romedius haben wohl einen besonderen Platz im Herzen der Thaurer Bevölkerung. Seit jeher wird auf ihre Ausstattung und Pflege besonderer Wert gelegt, und auch der Besuch der Gottesdienste spiegelt die Beliebtheit dieses alten Heiligtums. Hofbaumeister JOHANN MICHAEL UMHAUSER lieferte die Pläne für die heutige Kirche, die um 1778 an der Stelle mehrerer Vorgängerbauten errichtet wurde. Die Weihe erfolgte erst nach der zeitweiligen Schließung durch Joseph II. am 7. November 1804. Die Kirche feiert ihr Patrozinium am Hochfest Petrus und Paulus, dem 29. Juni.
Der Außenbau
Von außen bildet die Schlosskirche einen Zentralbau mit östlich angebautem Turm. Die Westseite ist durch ein eingezogenes Vorjoch, welches eine recht einfach gegliederte Fassade aufweist, ausgezeichnet. Der Turm wird von einem Sakristeibau ummantelt, an den im Süden eine kleine Einsiedelei angebaut ist. Hinter den doppelten Schallläden hängen drei Glocken, die noch von Hand geläutet werden. Sie stammen aus den Jahren 1606 (Gießer: Heinrich Reinhart), 1816 und 1947 (beide Graßmayr).
Das Innere der Kirche
Der lichtdurchflutete Innenraum beeindruckt vor allem durch seine einheitliche Rokokoausstattung. 1779 freskierten die einheimischen Künstler JOSEPH und FRANZ GINER den Innenraum. Effektvoll vor allem ob seiner perspektivischen Wirkung präsentiert sich das mächtige Kuppelfresko, welches die Schlüsselübergabe an Petrus inmitten einer säulengegliederten Scheinarchitektur zeigt. Die in Grisaille-Technik ausgeführten Pendentif-Bilder zeigen Berufung und Tod der Kirchenpatrone Petrus und Paulus. Im Altarraum wird die Verehrung des eucharistischen Opferlammes gezeigt, während über der Orgelempore der Besuch des hl. Romedius in Rom dargestellt ist Die freien Deckenflächen sowie die Pilaster und Gebälke des Kirchenraumes ziert einheitlicher, leichter Rokokostuck.
Die Altäre
Aus den Rokokoaltären der Kirche sticht der Hochaltar durch seine Größe sowie die doppelte Säulenstellung und den besonderen Dekor hervor. Das Altarblatt, von den Skulpturen der heiligen Bischöfe und Brixener Diözesanpatrone Ingenuin und Albuin flankiert, wurde 1625 von MATTHIAS KAGER gemalt und zeigt die Aussendung der zwölf Apostel. Anstelle eines Tabernakels befindet sich ein Reliquienschrein auf der Sarkophagmensa, der das Haupt eines der beiden Begleiter des hl. Romedius sowie ein eigenes Reliquiar mit einer Wirbel und einer Rippe des Heiligen enthält. Er wird bekrönt von der Figur des hl. Romedius von FRANZ STÖCKL aus dem Jahr 1713. Im Auszug befindet sich eine von Engeln flankierte Hl.-Geist-Taube, deren rückseitige Inschrift auf den Schöpfer des Hochaltars und seines Figurenschmucks hinweist: „Joh. Gin. 1800“ (Johann Giner d. Ä.).
Der heilige Romedius
Mit großer Würde und Feierlichkeit wird am 15. Jänner des Dorfpatrons, des heiligen Romedius gedacht. Die Person des Heiligen ist im Dorf allgegenwärtig, etwa in Fresken und Figuren an den Häusern oder auch als beliebter Vorname. Der heilige Romedius dürfte zwischen dem 9. und 11. Jahrhundert gelebt haben. Er wurde vermutlich als reicher Grundherr im Zusammenhang mit dem Schloss Thaur geboren, verschenkte jedoch seine Güter an die Hochstifte Augsburg und Trient und wählte nach einer Rom-Pilgerreise ein Leben als Eremit in Armut am Nonsberg im Trentino. Dort starb er etwa 74-jährig im Ruf der Heiligkeit. Seine Verehrung ist ab 1100 bezeugt und wurde in Thaur vor allem vom Haller Stiftsarzt Hippolyt Guarioni und von Pfarrer Georg Meringer gefördert. Romedius soll zahlreiche Wunder bewirkt haben. So ritt er etwa in hohem Alter auf einem gezähmten Bären, der sein Reittier gerissen hatte, in die Bischofsstadt Trient. Vögel sollen ihm die Stätte gezeigt haben, an der er seine Einsiedelei errichtete. Die Abstammung und Person des heiligen Romedius verbindet Thaur etwa mit Rathold, dem Gründer der Abtei Georgenberg. Er dürfte demselben Adelsgeschlecht entstammen. Am Georgenberg wurden lange Reliquien des hl. Romedius verehrt. Auch in Hohenwart, einer Burg der Rapotonen befinden sich Reliquien. Außerdem steht der Einfluss der Bistümer Augsburg und Trient in Thaur mit der Person des Heiligen in Zusammenhang.
Einfacher gehalten sind die Seitenaltäre, an denen die selige Wiltrudis (links) und der selige Wolfhold (rechts) verehrt werden. Beide haben einen Bezug zu Thaur: Wiltrudis, aus dem Geschlecht der Rapotonen, soll in der Burg Thaur geboren worden sein. Später wurde sie Äbtissin in der zum Benediktinerinnenkloster umgebauten Burg Hohenwart in Bayern. Dorthin soll sie der sel. Wolfhold, Schlosskaplan in Thaur, begleitet haben. Die Mensabilder zeigen den hl. Evangelisten Johannes sowie die hl. Maria Magdalena.
Krippendarstellungen
Neben einem Festtagsbaldachin für den Hochaltar sowie einigem beweglichen Altarschmuck besitzt die Kirche auch vielfältige Krippendarstellungen. Die große Weihnachtskrippe bedeckt den gesamten Altarraum und wird im Zweijahresrhythmus aufgebaut. Sie ist mit zahlreichen bekleideten Figuren ausgestattet, die teilweise noch aus der Barockzeit stammen und Wachsköpfe tragen. FRANZ XAVER PERNLOCHNER malte um 1880 den Hintergrund dafür. In den restlichen Jahren wird am rechten Seitenaltar eine Weihnachtsdarstellung auf einem gemalten Kulissenaufbau von ERICH STEINLECHNER gezeigt. In der Fastnachtszeit ist eine Gebäudekulisse für die Darstellung der Hochzeit zu Kana aufgebaut und in der Fastenzeit kann eine auf das Jahr 1889 zurückgehende Fastenkrippe besucht werden. Von deren ursprünglichen Figuren sind jedoch aufgrund eines Diebstahls nur wenige erhalten. Beide Krippen wurden mit bekleideten Holzfiguren der Fa. Demetz ergänzt.