Die Kirchen von Rattenberg: Filialkirche hl. Briccius in Radfeld

Dieser spätgotische Kirchenbau von 1484/90 ist der dritte an dieser Stelle, wobei Teile des romanischen Vorgängerbaus wieder verwendet wurden.

Filialkirche hl. Briccius in Radfeld, Innenansicht

Von Beginn an war die Kirche dem hl. Briccius, dem späteren Nachfolger des hl. Martin als Bischof von Tours geweiht. Schon im Jahr 788 wird im Güterverzeichnis des Salzburger Bischofs Arno eine Kirche in „Ratfeld“ erwähnt. Dieser karolingische Bau, eine Eigenkirche des hochfreien Adelsgeschlechtes der Rapotonen (siehe Rattenberg) lag, wie Grabungen der 1970er Jahre bestätigten, schon an gleicher Stelle wie der heutige Kirchenbau. Schon von Beginn an war diese Kirche dem hl. Briccius (auch: Briktius, † 444) geweiht, dem Schüler und späteren Nachfolger des hl. Martin als Bischof von Tours. Vermutlich haben irische Missionare schon im frühen 8. Jahrhundert seinen Kult hierher gebracht. In der Erzdiözese Salzburg ist die Radfelder Kirche als einzige diesem Heiligen geweiht, in Tirol sonst nur noch die Pfarrkirche von Uderns im Zillertal (Diözese Innsbruck).

Altar der Filialkirche hl. Briccius in RadfeldDer heutige spätgotische Kirchenbau von 1484/90 ist der dritte an dieser Stelle, wobei Teile des romanischen Vorgängerbaues wiederverwendet wurden. Baumeister war der seit 1471 zur Hagauer Bauhütte gehörige Wasserburger Meister GILG SEWER. Das achteckige Turmobergeschoß mit der barocken Zwiebelhaube entstand erst im 18. Jahrhundert. Zum Geläute gehören zwei historische Glocken aus den Jahren 1519 (gegossen von Wolfgang Rot) und 1597 (Franz Solda). Man betritt die Kirche von Norden her durch die 1975 errichtete Vorhalle. Ein Kielbogenportal führt in den eigentlichen, von einem spätgotischen Parallelrippengewölbe gedeckten einschiffigen Kirchenraum. Dieses deutet ebenso wie die starken Wandpfeiler und die Gewölbekonsolen im Chor auf eine oberbayerische Bautradition hin, die für diese Region sonst eher ungewöhnlich und durch die Herkunft des Baumeisters erklärbar ist. Von der gotischen Einrichtung hat sich noch der Fuß des Taufbeckens erhalten; aus dem 16. Jahrhundert stammen die Malereifragmente im Chorwand und die Darstellung dreier Apostel im Langhaus, die durch ihre Attribute als Jakobus der Jüngere (Walkerstange), Philippus (Kreuz) und Judas Thaddäus (Keule) zu erkennen sind.

Bei der Kirchenrenovierung von 1976 wurde der neugotische Grödnertaler Hochaltar entfernt (heute in Weyeregg am Attersee/OÖ) und der jetzige Altar aus mehreren barocken Einzelteilen neu zusammen gesetzt. Aus der Radfelder Kirche übernommen wurde dabei das Altarblatt mit der Darstellung des Kirchenpatrones St. Briccius unter der Muttergottes, ein qualitätvolles Werk von CHRISTOPH ANTON MAYR aus dem Jahr 1763. Die seitlichen Statuen der hl. Barbara mit Hostienkelch und des hl. Jakobus d. Ä. im Pilgergewand stammen vermutlich vom Osttiroler Bildhauer JOHANN PATERER. Den Kirchenpatron zeigt auch die Briccius-Statue links vom Chorbogen, die vom ehemaligen neugotischen Altar übernommen wurde, übrigens ebenso wie die Johannes-Nepomuk-Statue in der 2014 im Radfelder Dorfzentrum neu aufgestellten Brunnensäule. Barocke Darstellungen der zwölf Apostel, von denen zwei vom Rückpositiv der Orgel verdeckt werden, zieren die Emporenbrüstung (um 1700). An den Kirchenpatron erinnert auch eine 1988 vom Kramsacher Bildhauer HELMUT NINDL geschaffene Briccius-Stele am Friedhof südlich der Kirche. Zur Feier des Kirchenpatroziniums wird alljährlich in Radfeld der „Bricciusmarkt“ gefeiert.