Die Kirchen von Lend-Embach: Maria Elend
Die Gründungslegende berichtet von einem verschollenen behinderten Kind, dass nach drei Tagen gesund im Ellend gefunden wird.
Aus Dankbarkeit errichtet die Mutter an dieser Stelle eine Kapelle. Im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts entwickelt sich die Wallfahrt zunehmend, sodass die Kapelle zu einer Kirche erweitert wird. Heute ist die Kapelle – an dem Ort, wo nach der Überlieferung das verlorene Kind wiedergefunden wurde – eine Gedenkstätte für „Sternenkinder“.
Geschichte
Die Wallfahrtskapelle Maria Elend liegt etwa 30 min Gehzeit von Embach entfernt. Ein eingezäunter, gleichsam heiliger Bezirk umfasst Gnadenkapelle, Augenbründl und Ursprungskapelle. Manches deutet darauf hin, dass hier schon in vorchristlicher Zeit ein Quellheiligtum war. Der Ortsname „Elend“, früher Ellendt oder Öllend geschrieben, bestand schon vor der Gründung der Kapelle und ist vom Mittelhochdeutschen als „abgelegener Ort“ zu verstehen. Die Gründungslegende berichtet von einer adeligen Frau vom Penninghof in Taxenbach mit Namen Ursula Penningerin, die um 1550 ihr blindes und geistig behindertes 12-jähriges Mädchen verloren hatte. Nach drei Tagen wurde das Kind gesund im Ellend aufgefunden. Aus Dankbarkeit baute die Mutter hier eine Kapelle und machte umfangreiche Messstiftungen. Den historischen Wahrheitsgehalt der Gründungslegende zeigen der Stiftungsbrief aus 1552 im Pfarrarchiv Taxenbach sowie der originale Grabstein der Gründerin in der Kapelle.
Im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts entwickelte sich eine immer bedeutender werdende Wallfahrt nach Maria Elend, sodass die ursprüngliche Kapelle zu einer Kirche erweitert wurde. 1757 kam es zum Neubau einer Kirche (20 m Länge), die 1764 von Erzbischof Sigismund von Schrattenbach geweiht wurde. 30.000 Wallfahrer jährlich strömten nach Maria Elend, an die 1000 Messen im Jahr wurden gefeiert und das Mesnerhaus zur Pilgerherberge ausgebaut. Die vielen Gebetserhörungen fanden Niederschlag in der umfangreichen Votivtafelsammlung und im „Mirakel- (=Wunder-) Buch“, das in mehreren Auflagen ab 1731 gedruckt wurde. Ende des 18. Jahrhunderts brachte die Aufklärung einen Umschwung im seelsorglichen Denken: weg von der Wallfahrts- und hin zur Pfarrseelsorge. So fiel mitten in die Vorbereitungen für eine Vergrößerung der Kirche das Aufhebungsdekret von Erzbischof Hieronymus Colloredo. 1785 wurde die Wallfahrtskirche dem Erdboden gleich gemacht, das Gnadenbild in die Pfarrkirche übertragen und die Kircheneinrichtung an umliegende Pfarren verschenkt. Übrig blieb nur die Ursprungskapelle, in der die Gnadenquelle gefasst war. Erst über 50 Jahre später (1842) kam es zum Neubau der jetzigen Kapelle, deren Altarraum 1847 verlängert wurde. Als neues Gnadenbild wurde eine Steingussstatue aufgestellt, die dem alten Gnadenbild nachempfunden ist. Die meisten (und ältesten) Votivtafeln sind beim Abriss der Kirche verloren gegangen, ca. 30 aus dem 18. und 19. Jahrhundert sind in Verwahrung.
Die Wallfahrtskapelle
Die heutige Wallfahrtskapelle befindet sich an der Stelle, wo früher die Wallfahrtskirche stand. Über dem Gnadenbild verspricht eine Inschrift mit drei Anrufungen aus der „Lauretanischen Litanei“ (ein Mariengebet) allen „Sündern“, „Betrübten“ und „Christen“ die Hilfe Mariens; der Wallfahrer ist also eingeladen, seine Schuld, Not oder auch Glaubenszweifel zu bringen. Rechts vorne beschreibt eine Votivtafel aus dem 19. Jahrhundert die Geschichte von Maria Elend, eine an der linken Wand formuliert in Form eines Gebetes die Einladung zur Wallfahrt nach Maria Elend. Alle anderen Votivtafeln sind neueren Datums. Zwei Grabplatten unter den Fenstern gelten den größten Wohltätern von Maria Elend: rechts der Grabstein der Gründerin Ursula Penningerin (†1558), „welche dise Capeln zu unser Fraue Im Elend gepaut“ (das Sterbedatum ist nicht fertig ausgefüllt, was heißt, dass sie entgegen ihrer ursprünglichen Absicht nicht in Maria Elend beigesetzt wurde); links die Grabplatte von Franz Felix Wenzl, 1762–1781 Vikar in Embach, durch dessen rastloses Engagement Mara Elend seine größte Blüte erlebte.
Das Gnadenbild
Die Gnadenstatue, eine sog. Pietà oder Vesperbild, ist eine Kopie des gemalten Gnadenbildes (jetzt in der Pfarrkirche) in Steinguss. Sie zeigt Jesus nach der Kreuzabnahme auf dem Schoß seiner Mutter. Der Mutterschoß ist der Ort, aus dem das Leben kommt. Die Darstellung weist also schon auf die „zweite Geburt“ Jesu hin, seine bevorstehende Auferstehung. Die Statue wurde 1776 von Petrus Schmid für die Ursprungskapelle geschaffen und das Wasser des Gnadenbründls bzw. Augenbründls aus der Herzwunde Jesu geleitet. Dies sollte das Herz Jesu als Quelle des Lebens und der Gnade zeigen. 1842 kam sie als neues Gnadenbild in die eben erbaute Wallfahrtskapelle.
Die Aussage des Gnadenbildes
Das Gnadenbild von Maria Elend stellt Maria in der schwersten Stunde ihres Lebens nicht alleine dar. Sie ist nicht nur ganz eng verbunden mit ihrem Sohn, dessen Herzwunde auf ihrem Herzen liegt. Sie ist auch in Beziehung mit Gott, wie ihr Blick nach oben zeigt. Und sie wird gestützt von seiner Kraft (der Engel) und der Hilfe eines Menschen (Maria Magdalena). Wer in einer schweren Situation auf menschliche Nähe und die Hilfe Gottes bauen darf und seinen Blick auf ihn richtet, kann auch die dunkelsten Stunden bestehen – wie Maria.
Das Augenbründl
Wie viele Marienwallfahrtsorte, besitzt auch Maria Elend ein „Gnadenbründl“ oder „Augenbründl“. Viele Menschen nehmen dieses besondere Wasser nach Hause mit oder waschen sich vor dem Eintritt in die Kapelle die Augen mit der Bitte um gutes Sehen. Das gilt nicht nur im körperlichen, sondern mehr noch im geistigen Sinne: tiefer erkennen bzw. sehen können, was Gott mir zeigen will.
Die Ursprungskapelle
Schon zur Zeit von Ursula Penningerin soll neben dem Augenbründl eine einfache Hüterkapelle gestanden sein. Die heutige Ursprungskapelle (= Quellkapelle) wurde 1755 erbaut, in ihr stand bis 1842 die Steingussstatue als Brunnen. Seither fließt der Brunnen wieder im Freien. Die Kapelle – an dem Ort, wo nach der Überlieferung das verlorene Kind wieder gefunden wurde – ist heute eine Gedenkstätte für „Sternenkinder“. Darauf verweist der Stern auf der Kapelle und die künstlerische Innengestaltung. Ihren Mittelpunkt bildet eine Darstellung „Maria vom Guten Rat“. Die Kapelle möchte Eltern, die früh ein Kind verloren haben, Raum für Erinnerung, Trost und Frieden bieten.
"Christen, kommet her zum heiligen Gnadenbild
in Embach hier, Maria im Elend zu verehren,
denn Jesus und seine Mutter sind so gut und mild
die Bitten jedes Leidenden in Liebe anzuhören.
(Text auf einer Votivtafel in Maria Elend)"